Rustikaler Genuss aus Wäldern und Seen

Finnische Küche

Essen dient in den skandinavischen Ländern traditionellerweise der Sättigung und orientiert sich weniger an lukullischem Vergnügen. Und so punktet auch die finnische Küche mit bodenständiger Hausmannskost. Im polaren Norden richtet sich das kulinarische Augenmerk auf die Haltbarkeit der Speisen; Nahrungsmittel werden geräuchert, gepökelt, getrocknet oder eingelegt. Im Südosten und Osten Finnlands wird nach karelischen Rezepten gekocht, im Südwesten macht sich die schwedische Küche bemerkbar. Im hohen Norden schmeckt man den Einfluss der lappländischen Küche und immer wieder tut sich eine Prise Russland hervor.

Goldschimmernde Wirtin
Zwei Drittel der finnischen Landfläche ist von Wald bedeckt - und die „Goldschimmernde Wirtin“ sorgt gut für ihre Landsleute. Die weiten finnischen Wälder sind Nährboden für Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren, Johannisbeeren, Preiselbeeren und Honigbeeren, die auf sehr vielfältige Weise in der Küche verwendet werden. Für einen besonderen Vitaminstoß sorgt lakka, die arktische Moltebeere, die auf sumpfigen Boden wächst. Rotkappen, Birkenpilze, Morcheln, Eierschwammerln und Milchlinge sind nur einige der Pilze, die den Waldboden bedecken. Das in Finnland geltende Jedermannsrecht erlaubt allen Einwohnern, die Wiesen und Wälder zu betreten und Früchte und Pilze zu sammeln. Voraussetzung ist das rücksichtsvolle Verhalten gegenüber Mensch, Tier und Pflanze.
Überall in Finnlands Naturlandschaften warten laavu auf müde und hungrige Wanderer und Angler. Diese rustikalen Schutzhütten mit offenen Feuerplätzen sind mit Feuerholz bestückt, dessen man sich kostenlos bedienen kann. Fachkundig entfacht, muss man nur noch die selbst gefangenen Fische oder die mitgebrachten Würstel ins Feuer halten.


Waidmannsland
Jede Familie hat in ihrem Bekanntenkreis zumindest einen Jäger oder geht selbst auf die Pirsch. Die Waidmänner bereichern den Speiseplan mit dem Fleisch von Fasanen, Enten, Hasen, Rentieren, Schneehühnern und auch Elchen. In großen Anlagen wird das frische Rentierfleisch, Poroliha, im Freien zum Trocknen aufgehängt. Vor allem in Lappland wird Rentier zubereitet, z. B. als Poronkäristys, ein Eintopfgericht, oder als Poron piiras, geschmort mit Zwiebeln und Schwammerln auf Blätterteig. Als Vorspeise probieren Sie am besten saftigen Rentierschinken mit einer Eierspeise. Im Norden wird Rentierkäse in heißen Kaffee getunkt.
Die Tiefkühltruhe finnischer Familien beherbergt meist einen zerlegten Elch, und vor allem an Feiertagen wird der kostbare Vorrat angetastet. Elche werden von September bis November gejagt; ihr Fleisch ähnelt im Geschmack dem von Hirschen. Ein Leibgericht vieler Finnen ist Riekko kermakastikkeessa: Das dunkle, feste Fleisch des Schneehuhns wird in einer Crèmesauce zubereitet. Serviert werden Wildgerichte meist mit einer köstlichen Waldbeerensauce.


Glühender Fisch und Krebsenfest
Im „Land der 1000 Seen“ kommt dem Fisch als Nahrungslieferant erwartungsgemäß eine große Bedeutung zu.
Lohi (Lachs), Kirjolohi (Regenbogenforelle), Silakka (Ostseehering) und Silli (Atlantikhering) gehören zu den begehrten Speisefischen der Finnen. Die Angel wird aber auch ausgeworfen für Hauki (Hecht), Siika (Maräne/Felchen), Muikku (Strömling), Aal, Barsch, Neunauge, Brasse, Zander und Renke.
Die Zubereitung ist üblicherweise nicht sehr aufwändig: Mit Salz und Pfeffer gewürzt, werden die Fische in Alufolie gewickelt und darin gebraten. Sollten Sie fernab der Zivilisation sowohl Hunger als auch Fisch haben, so gehen Sie am besten nach der Suomi-Methode vor: Dafür müssen sie den Fisch ausnehmen, die Hälften aufklappen, auf ein Brett nageln und dieses neben dem Grillfeuer platzieren. So wird der Loimukuala, der „Glühfisch“, langsam gegart.
Eine der beliebtesten Zubereitungsarten für Lachs ist graved (Gravlaks): gebeizt mit Zucker, Salz, Pfeffer und Dill. Am liebsten verwendet man dafür den hervorragenden Wildlachs aus den Flüssen Lapplands. Heringsstückchen werden mit klein gehackten harten Eiern, Roten Rüben und Gurken vermischt und mit Mayonnaise mariniert. In Essig marinierte Heringsrouladen, geräucherter Kabeljau und marinierte Regenbogenforelle gehören mit auf jedes Fischbuffet. Der Rogen von Renke und Maräne - der rote Kaviar - wird im Oktober mit smetana (Sauerrahm) und gehackten Zwiebeln zu einer köstlichen Vorspeise.
Im Winter erfreut sich das Eisfischen großer Popularität. Auf dem mitgebrachten Klappstuhl warten die Angler vor den Eislöchern auf das Ruckeln der Angel. Schon im Jänner werden Aalquappen als Suppe zubereitet, ihr Rogen wird mit Blinis serviert.
Die Krebsensaison dauert vom 21. Juli bis in den September hinein und wird ausgiebigst beim rapupäivät gefeiert. Die Krebse (Rapu) werden mit Dill, Schnittlauch und Pimentkörnern gedünstet und mit viel frischer Dille angerichtet. Gleich im Topf kommen die Krebse auf den Tisch - mit eisgekühltem Wodka als „Beilage“.


Wurst im Schwitzkasten

Märkte und Markthallen gibt es in jedem finnischen Ort - sie sind unter anderem Eldorado für Wurstliebhaber. Angeboten werden z. B. Mustamakkara (eine Art Blutwurst) in der Industriestadt Tampere; sie werden bevorzugt mit Preiselbeermarmelade gegessen. Laukkamakkara heißt eine Wurst aus Rollgerste mit Rosinen aus dem südwestlichen Turku. Lenkkimakkara, die gekringelte finnische Saunawurst, wird mit aus Kiefernrinde gewonnenem Borkenmehl zubreitet. Vor dem Saunagang wird die Wurst in Alufolie gewickelt und auf den Saunaofen gelegt. Nach dem Verlassen des Schwitzkastens ist auch die Wurst gar. Würstel werden mit Erdäpfeln auch zu Byttyepanna, einem beliebten G’röstl verarbeitet.
Zu Besuch bei einer finnischen Familie wird Ihnen vielleicht Maksalaatikko, ein würziger Leberauflauf serviert, zusammen mit einem Püree aus Süßkartoffeln. Laatiko bedeutet Schachtel und bezeichnet die Verpackung für verschiedenste Aufläufe.


Erdäpfel, so weit der Hunger reicht
Die jährliche Fruchtperiode währt nur kurz, und so müssen Obst und Gemüse vor allem importiert oder in Gewächshäusern gezogen werden. Das erste zarte Gemüse des Sommers wird mit großer Freude begrüßt – und die ersten Erdäpfel des neuen Jahres ergeben ein Festmahl. Gekocht werden sie noch in der dünnen Schale mit Butter und Dill serviert. In welcher Zubereitungsart auch immer - Erdäpfel gehören ohnehin zu jeder finnischen Mahlzeit.
Noch immer wird in vielen finnischen Familien donnerstags Erbsensuppe mit Speck gegessen, ein Überbleibsel aus der Zeit, als Finnland zu Schweden gehörte. Um seine Kasse aufzufüllen verordnete der schwedische König seinen finnischen Untergebenen einen kargen Speisetag in der Woche, an dem nur Hernekeitto, Erbsensuppe, auf den Tisch kommen durfte. Aber die Suppenverordnung rief keinen Unmut bei den Finnen hervor, denn Erbsen gehören zu ihrem Lieblingsgemüse. Die Suppe wird auch mit Klacheln (Schweinshaxen) gekocht und mit einem Klacks Senf serviert. Alles, was der Garten an Gemüse hergibt, wird zu Kesäkeitto verarbeitet, einer Gemüsesuppe mit Milch.
Zu Rossoli, einem Salat aus Roten Rüben, Essiggurkerln, Karotten, Erdäpfelwürfel, Äpfeln und Zwiebeln, passt eine Scheibe Schwarzbrot. Das finnische Brot, Ruisleipä, ist sehr dunkel und wird meist aus Roggenmehl zubereitet. Ohrarieska, ungesäuertes Gerstenfladenbrot, wird bevorzugt warm genossen, vor allem in Nord-Pohjoismaa, der Gegend um Oulu. Die Schären backen das süß-saure Saaristolaislepä, und in Pieksämäki wird Ryynirieska, ein ungesäuertes Brot aus Rollgerste hergestellt. Brot wird nicht nur in den vielen professionellen finnischen Backstuben gebacken, sondern häufig zuhause.


Karelische Leckerbissen
Karjalan piiraka, karelische Piroggen, werden oft von fahrenden Imbisswägen angeboten. Die dünnen Teigtaschen aus Roggenmehl werden mit Reisbrei gefüllt (Riisipiirakka) und vor dem Servieren mit Munavoi (salziger Eibutter) bestrichen. Gefüllt werden die Pasteten, die wie Mokassins aussehen, auch mit Erdäpfeln, Karotten, Kohl und Speck. Piroggen werden zwar in ganz Finnland gegessen, aber auf dem Markt von Joensuu bekommen sie ganz besonders köstliche.
In Karelien haben in Brotteig eingebackene Gerichte lange Tradition, z. B. Kalakukko, der karelische „Fischhahn“. Eine Mischung aus Fisch und Schweinefleisch wird bei niedriger Temperatur in Brotteig aus Roggenmehl eingebacken. Auf diese Weise konnten die Bauern ihr Mittagessen ganz einfach mit auf die Äcker nehmen, und die kleinen runden Brote blieben dadurch vor dem ersten Anschneiden länger haltbar.
Für Karjalan paisti, den karelischen Fleischtopf, werden Rind-, Hammel- und Schweinefleisch, Kalbsniere und Leber angebraten und mit Karotten, Zwiebeln und Rüben langsam gekocht. Särä, ein karelisches Lammgericht wird in einer großen Holzmodel zubereitet. Zusammen mit Erdäpfeln und Gemüse wird das Lamm in der Holzform gegart.


Süßes aus Roggen und Beeren
Ein dichtes Netz an Bäckereien versorgt die Finnen mit Plundergebäck und anderen Süßigkeiten. Vor allem zu Ostern essen die Finnen Mämmi, ein schwarzes Püree aus Roggenmalz. Die Liebe zu dieser Süßspeise findet schon an den Landesgrenzen ihr Ende, und selbst viele Finnen übertünchen den intensiven Roggengeschmack mit Vanilleeis, Schlagobers und Zucker. Manchmal erhält man das süße Püree noch traditionell in Birkenschalen. Als Nachtisch werden Beeren mit Grieß eingedickt und Moltebeeren werden mit dicker Milch (Viili) angerichtet. Åländische Palatschinken schmecken mit einer Beerenfülle und für Kiisseli wird der Pudding gleich aus Beeren zubereitet. Abgeschlossen wird jedes Mahl mit einem Kaffe, sind doch die Finnen die weltgrößten Kaffeetrinker.

Autor: Anneliese Kainer

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1 Kommentare „Finnische Küche“

  1. Bienenkönigin
    Bienenkönigin — 10.12.2014 um 21:27 Uhr

    Russische Küche ist super. Rentier stell ich mir ähnlich vor wie Hirsch, also auch gut, also was spricht gegen einen finnlandurlaub?

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