Weintypologien und Kulinark

Wein und Essen

Die Vielfalt der österreichischen Weinlandschaft spiegelt sich in der Vielfalt der Weintypen. Bestechend bei allen sind die ausgewogene Fruchtsäure und die ausgeprägte Aromatik. Dazu verhelfen unter anderem die Temperaturunterschiede zwischen warmen Tagen und kühlen Nächten. Beim Weißwein reicht die Bandbreite von leicht und frisch über kraftvoll und körperreich bis zu edelsüßen Tropfen, beim Rotwein von jugendlich und elegant bis zu gehaltvoll und mächtig, dazu kommen Schaumweine in verschiedenen Stilrichtungen. Anders betrachtet: Einmal steht die Frucht im Vordergrund, ein anderes Mal der Ausbau im Holzfass oder die längere Lagerung. Dieser Variantenreichtum ist eine Spielwiese für die Kombination mit Speisen. Jeder mit jedem wäre zwar eine reizvolle Aufgabe, doch um einigermaßen überschaubar zu bleiben, haben wir die Vielfalt in neun Weintypen, die auch eine perfekte Abfolge in einem Menü darstellen, zusammengefasst.

Schaumwein – prickelnd und belebend
Österreich erzeugt erstklassige Schaumweine – die Tradition geht bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Sie eignen sich als klassischer Aperitif ebenso wie als anpassungsfähiger Begleiter zu vielen Gerichten. Und sie müssen sich keinesfalls vor Champagner, Cava und Co verstecken! Spezialisten im prickelnden Sektor sind private „Manufakturen“ ebenso wie größere Kellereien. Als Herkunft gut geeigneter Grundweine hat sich seit langem das Gebiet um Poysdorf im Weinviertel herauskristallisiert. Bei den Rebsorten überzeugen dort vor allem Welschriesling und Grüner Veltliner, doch auch aus Riesling und Sauvignon Blanc – hier kommen auch andere Weinbaugebiete zum Zug – entstehen charaktervolle Produkte. Eine Marktnische besetzt erfolgreich der rassige Schilchersekt aus der Weststeiermark, und Burgunder-Cuvées in Anlehnung an französische Traditionen sind nach wie vor im Trend. In der Kombination mit Essen wirkt die Kohlensäure als Aromenverstärker. Bewährte kulinarische Partner zu trockenen Sekten sind geräucherte Speisen, vom Lachs über Süßwasserfische wie Forelle und Saibling bis zu Geflügel oder Schinken. Aber auch Fingerfood bekommt mit einem Glas Sekt eine festlichere Note.

Weißwein – leicht & frisch
Bitte zu Tisch! Dieser Einladung folgt jeder gern, und beim Aperitif sagt kaum jemand nein. Die Vielfalt der österreichischen Weißweine hat hier Animierendes in allen Arten und für alle Jahreszeiten zu bieten: Junger Österreicher oder Steirischer Junker – die ersten Vorboten des neuen Erntejahrgangs – sind die erste Wahl im Herbst bald nach der Weinlese. Immer passend sind leichte Grüne Veltliner wie eine Steinfeder aus der Wachau oder zartwürzige Welschrieslinge aus der Steiermark. Besonderen Charme zeigen die so genannten „Schmeckerten“, zu denen Muskateller, Muskat-Ottonel, Müller-Thurgau oder Traminer zählen. Alle diese erfrischenden Weine schmecken zum Amuse gueule oder zu einer leichten Vorspeise, etwa sommerlichen Salaten mit frischen Kräutern und einem Hauch Zitrone, zu frischem Schaf- oder Ziegenkäse – oder einfach solo zwischendurch, wenn die Lust auf ein Glas Wein aufkommt. Ideal sind sie natürlich im Sommer auf der Terrasse oder im Garten.

Weißwein – klassisch & trocken
Österreichs klassische Weißweine überzeugen mit viel Frische, feiner Säure, großer Eleganz und viel Charakter bei mittelgewichtiger Struktur. Ihre unaufdringliche Art lässt auch zarten Aromen am Teller genügend Platz zur Entfaltung. Diesem klaren Profil entsprechen besonders die DAC-Weine: Districtus Austriae Controllatus steht für herkunftstypische Weine wie zum Beispiel Grüner Veltliner als Weinviertel DAC oder Traisental DAC. In dieser fruchtig-lebendigen Weißweinkategorie sind aber auch frische Rieslinge aus den Weinbaugebieten entlang der Donau zu finden, elegante Weißburgunder oder Chardonnays aus dem Burgenland sowie die aromatischen Vertreter der Steirischen Klassik, hier vor allem aus den Sorten Sauvignon Blanc, Morillon/Chardonnay oder Weißburgunder. Solche Weine werden zu Recht als Allrounder bei Tisch geschätzt, und das nicht nur zu Gerichten der österreichischen Küche. Sie schmecken zu kalten Vorspeisen wie einer Brettljause mit Schinken, Speck, Schweinsbraten und kräftigen Würsten, aber auch zu Brathuhn oder Forelle Müllerin. Gerade Fisch – ob pochiert oder gegrillt oder als leichte Terrine mit mediterranem Touch – harmoniert mit den klassischen Weißen, ebenso frische Meeresfrüchte oder asiatische Wokgerichte mit knackigem Gemüse.

Weißwein – kraftvoll & körperreich
Bühne frei für die Stars der österreichischen Weißweinkultur: große Weiße mit Reifepotenzial, überzeugende Terroirweine mit internationaler Klasse. Auch hier ist das Sortenspektrum breit: An der Spitze stehen Lagenweine vom Grünen Veltliner und Riesling (z. B. Smaragde aus der Wachau, Top-Weine aus den Gebieten entlang der Donau oder aus dem Weinviertel). Sehr eigenständige Weinpersönlichkeiten sind kraftvolle Zierfandler und Rotgipfler aus der Thermenregion, aber auch komplexe Weißburgunder und Chardonnays aus dem Burgenland, etwa vom Leithaberg. Abgerundet wird diese Kategorie von großen Lagenweinen der Steiermark, vor allem aus Sauvignon Blanc und Grauburgunder, sowie von Spezialitäten wie dem Neuburger, dem Roten Veltliner und dem wiederentdeckten Gemischten Satz aus Wien. Das Rollenprofil heißt: trocken ausgebaut, mit Körper und Extrakt, Fülle und Dichte. Neben der Mehrzahl der klassisch ausgebauten Weine finden sich hier auch im kleinen Eichenfass gereifte Gewächse von internationalem Zuschnitt. Entsprechend breit gestreut sind die kulinarischen Einsatzmöglichkeiten: zum einen zu jeder Art von Fisch mit kräftigeren Saucen oder zu hellem Fleisch wie Kalb, Kaninchen und Geflügel, zum anderen als kongeniale Partner der klassischen Wiener Küche, mit saftigem, gekochtem Rindfleisch à la Tafelspitz, knusprigem, gut gewürztem Schweinsbraten und selbstverständlich Wiener Schnitzel. Ist Holz im Spiel, passen auch Speisen der modernen asiatischen Küche oder Seafood wie Langusten, Hummer und Jakobsmuscheln, auch mit komplexen Saucen.

Rosé – rassig & fruchtbetont
Lange Zeit spielten Roséweine nur eine stumme Nebenrolle auf der österreichischen Weinbühne. Auf den Weinkarten renommierter Restaurants suchte man sie vergeblich. Wer sie orderte, outete sich als jemand, der nicht viel vom Wein versteht oder möglichen Schwierigkeiten bei der Wahl eines passenden Essensbegleiters aus dem Weg gehen wollte. Doch Trends entstehen oft wie Staus auf der Autobahn: Keiner weiß, warum, aber plötzlich sind sie da und verlangen volle Aufmerksamkeit. Rosés kommen aus allen Weinbaugebieten des Landes und präsentieren sich in vielerlei Gestalt: vom charmanten Jungwein, etwa als  Primus Pannonikus aus dem Burgenland, über frische Vertreter aus Zweigelt und St. Laurent aus Niederösterreich bis hin zum rassigen Schilcher aus der Weststeiermark. Die kulinarische Kritik – „nicht Fisch, nicht Fleisch“ – haben sie längst weggesteckt, denn sie passen zu beidem und noch zu vielem mehr: vom gebratenen Geflügel, gegrillten Fisch und Meeresfrüchten über pikante Salate und geschmortes Gemüse mit mediterraner Würze, besonders wenn Oliven, Tomaten oder Knoblauch dabei sind, bis zum traditionellen Jausenbrot mit Schmalz, Liptauer oder Verhackert.

Rotwein – elegant & vielschichtig
Österreich mag als Rotweinland wenig Tradition haben, doch es hat beste Aussichten für die Zukunft. Dafür sorgen vor allem Weine in klassischer Stilistik, ausgebaut im großen Holzfass, mit typisch österreichischer Frucht, aber auch Tiefgang, ohne zu hoch im Alkohol zu sein. Eben Weine mit Herkunftstypizität, Eleganz und viel Trinkfreudigkeit. Eine tragende Rolle in diesem Erfolgsstück spielt natürlich der Zweigelt, der sich in fast allen Weinbaugebieten wohl fühlt – stellvertretend genannt sei Carnuntum, das sich in den letzten Jahren mit Top-Rotweinen auch international einen Namen gemacht hat. Der Blaufränkisch, besonders die Varianten aus dem Mittelburgenland, hat ebenfalls seinen Weg zu großer Eigenständigkeit gefunden. Spezialitäten wie St. Laurent und der sensible Blauburgunder erfreuen sich wachsender Beliebtheit – beim Konsumenten und bei den Winzerinnen und Winzern. Typische Österreicher wie Blauer Portugieser und Blauburger ergänzen die Sortenpalette. Jugendliche Aromen und sympathischer Fruchtcharme sind eine stimmige Ergänzung zu Pastagerichten und gut gewürzten Aufläufen, samtige Tannine kommen bestens zur Geltung bei gebratenem (Wild-)Geflügel, Kaninchen oder gekochtem Rindfleisch. Auch Käse ist ein guter Partner, speziell gereifter Weißschimmelkäse wie Brie.

Rotwein – dicht & gehaltvoll
Der internationale Trend zum Rotwein hat auch Österreichs Entwicklung in Angebot und Nachfrage entscheidend geprägt. Weine mit Fülle und Dichte, Komplexität, Tiefgang und Potenzial für lange Lagerung werden national und international ausgezeichnet. Furore machen gehaltvolle Rotweine – als sortenreine Lagenweine ebenso wie als Cuvées mit moderatem Holzeinsatz, ohne „überschminkt“ zu wirken. Trotz des Ausbaus in Barriques sind diese Top-Rotweine mit ihrer Fruchttiefe charakteristisch für ihr Terroir. Erfreuliche Tatsache dabei ist, dass gerade die typisch österreichischen Rebsorten wie Zweigelt, Blaufränkisch und St. Laurent neben den Klassikern wie Pinot Noir und internationalen Rebsorten wie Cabernet & Co hier auftrumpfen. Die Nase vorn hat das Burgenland, aber auch aus Niederösterreich (z. B. Carnuntum, Thermenregion) und Wien kommen exzellente Gewächse auf internationalem Niveau. Sie alle gehören dorthin, wo großer Rotwein an der Tafel seinen Platz hat: bei Braten im ganzen Stück, Lamm, Steaks und allen Arten von intensiv geschmorten Fleischtöpfen. Die ausgeprägte Frucht und die kräftige Struktur österreichischer Rotweine bereichern diese Gerichte ungemein.

Weißwein – fruchtsüß & kraftvoll
Weine im hohen Spätlese- bzw. Auslesebereich zählen zu den lagerfähigsten Gewächsen Österreichs. In der Jugend zeigen sie viel Finesse mit geschmeidiger Restsüße und lebendigem Fruchtsäurespiel. Dieses kann gerade in Österreich durch die idealen klimatischen Bedingungen im Spannungsfeld zwischen nördlichen und südlichen Anbaugebieten perfekt ausgebildet werden. Mit genügend Flaschenreife – oft bis zu Jahrzehnten – entwickeln solche Weine überragende Komplexität, und sie sind in ihrer kulinarischen Vielseitigkeit herrlich „ harmoniesüchtig“. Ebenso vielfältig ist die Sortenpalette, aus der diese Weintypen stammen können: aromatischer Muskat-Ottonel aus dem Burgenland, (Gewürz-)Traminer aus der Steiermark, aber auch Neuburger, Chardonnay und Weißburgunder. Raffinierte Varianten liefern Grüner Veltliner und Riesling aus verschiedenen Weinbaugebieten sowie die großen Spät- und Auslesen der Sortenspezialitäten Zierfandler und Rotgipfler aus dem Raum Gumpoldskirchen. Auf der sicheren Seite in der Kombination mit Speisen ist der Genießer mit leichten, flaumigen Desserts, etwa Topfenknödeln mit fruchtiger Fülle. Prädestiniert als Kombinationspartner ist auch das weite Feld der Käsesorten, das immer neue Geschmackserlebnisse beschert. Aber auch als „Solisten“ und Meditationsweine sind diese Weine einfach köstlich.

Edelsüße Weine
Das süße Österreich schmeichelt mit hohen und höchsten Prädikatsstufen: Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen, Strohwein und Schilfwein, Eiswein mit expressivem Fruchtschmelz und nobel-raffinierter Ruster Ausbruch mit jahrhundertelanger Tradition. Charakteristisch für diese Süßweinraritäten sind Restsüße und Säure in hoher Konzentration, meist in Verbindung mit dem unvergleichlichen Aroma der Edelfäule (Botrytis cinerea). Wie geschaffen für den Ausbau solcher Weine ist das Burgenland mit seinem außergewöhnlichen Kleinklima am Neusiedlersee, besonders im Seewinkel. Aber auch in anderen Weinbauregionen sind in besonderen Jahrgängen hohe Prädikatsweine möglich, so zum Beispiel im Eiswein-Eldorado Großriedenthal oder auch in den Gebieten entlang der Donau mit finessenreichen Prädikaten vom Riesling und Grünen Veltliner. Österreichs berühmte Mehlspeisküche kann hier aus dem Vollen schöpfen, man denke nur an Klassisch-Köstliches wie Apfelstrudel oder Salzburger Nockerln. Wer die pikante Variante bevorzugt, wird mit Kombinationen aus Süßwein und reifem Blauschimmelkäse glücklich, Gourmets aller Länder greifen natürlich auch zur (getrüffelten) Gänseleberterrine. Das kleine Segment der edelsüßen Rotweine bietet sich als harmonische Ergänzung zu schokoladigen Desserts an, an der Spitze die verführerische Sachertorte.

Über Wein gibt es noch viel mehr zu sagen, auch vinophilosophisch: Mehr zum Thema finden sie hier.

Autor: ÖWM

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1 Kommentare „Wein und Essen“

  1. rommar
    rommar — 7.4.2018 um 17:36 Uhr

    Entgegen früherer Regeln trinken wir zu den Speisen den Wein, der uns schmeckt.

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